Leipzig - Berlin - Rennrad
An einem Tag
Protagonisten:
Chris und Martin
Start: Gustav Adolf Str. Leipzig
Ziel: Brandenburger Tor
Zeitplanung: 194km, reine Fahrtzeit 8h, Bruttozeit ca. 10:30h
Der Gedanke mit dem Rad von Leipzig nach Berlin zu fahren schwirrte uns Urberliner in unserer Studienzeit in Leipzig schon länger im Kopf herum. Im Sommer 2016 haben wir dann beschlossen Ende September den Trip anzugehen. Training geplant und längere Radeinheiten einmal in der Woche durchgeführt. Circa eine Woche vor dem Start beginnt unsere Wettergeschichte bei der Routenplanung. Wir wollen Sonntag fahren. Alle online Portale zeigen Sonnenschein. Perfekt!
Samstag, ein Tag vor Abfahrt, Leipzig steht komplett unter Wasser. Ein Tiefdruckgebiet zieht über Tschechien nach Ostdeutschland herein. Es nimmt auch noch Teile Südbrandenburgs mit. Regenradar für Sonntag, vormittags in Leipzig Regenwahrscheinlichkeit von 50%. Je weiter Richtung Norden, desto besser das Wetter. Also Entschluss, wir gucken mal. Ggf. nass starten und trocken ankommen hieß die Devise.
Sonntagmorgen, 8 Uhr, die Sonne scheint. Unglaublich! Startpic und 8:40 Uhr ging es los mit der Tour. Auf den ersten Kilometern merkten wir jedoch, welches Tribut wir für den strahlenden Himmel zollen sollten. Wind bis zu 5 Windstärken von Nordost. Aus Leipzig raus Fahrt über eine wirklich wundervolle Strecke über viele freie und flache Felder. Der Wind drückt. Gerade flache Strecke, 20km/h Maximum. Es mürbt. Erste kleine Rast Fähre an der Mulde. Kein Fährmann. Bitte einmal klingeln-Schild! Das Taten wir und der Fährmann kam :).
Weiter gings übers Land. Keine aufregenden Vorkommnisse. Gute Gespräche bei weiteren Gegenwind^^. Fähre zwei: Elbe. Kurzer Fotoshoot und weiterfahrt. Circa ab Kilometer 80 haben sich meine Beine bemerkbar gemacht bzw. nicht bemerkbar gemacht. Es ging nicht mehr viel, außer locker weiter zu treten. Windschatten fahren stand nicht zur Option. Ich wollte es selber schaffen. So langsam begann der „Tunnel“. Nächste Pause bei Kilometer 140 und wir sind erst bei 100km. Fuck! Gespräche sind eingeschlafen, ich war auf mich konzentriert. Selbstgespräch: „Chris es tut mir Leid. Würde gerne schneller und mit dir quatschen, aber es geht grad einfach nicht.“ Kleine Ziele. Bei 20km/h ist die Zeit ein schlechtes Maß, „in zwei Stunden ist Pause“. Also Kilometer. Immer die nächsten 10 anvisiert. Zwischenzeitlich Datteln und Feigen einverleibt. Haben mich jeweils eine Stunde voran gebracht. Zwischendrin kurzer Ausflug in den Wald. Zuerst unvorhergesehne Asphaltstrecke und dann doch auf einen richtigen Waldweg. Die Pause näherte sich und ich hatte mir geschworen, die 140km fährst du zu Ende. Wenn du das schaffst, dann schaffst du auch Berlin. Ich habe die Ausschilderung „Dobbrikow“ (unserem Pausenziel) ersehnt. Bei erster Ausschilderung Angabe von 7km und mein Tocher zeigte 133km. Mir wurde kein Kilometer erspart ;). Pause. Endlich! Für Chris: Endlich runter vom Sattel. Für mich einfach nur sitzen und nichts tun. Kurz Musik im Ohr. Erholung.
Ich hätte die ganze Karte rauf und runter essen können, was ich zum Teil auch tat. Wie unvernünftig, was sich später herausstellen sollte. Aber sagt euch das selbst mal, wenn ihr völlig im Eimer seit. Suppe, Fleisch, Letscho Pommes und Salat. Es war ein Schmauß. Leider nur viel zu viel. Ich war nach der Suppe schon satt. Chris hat es richtig gemacht. Suppe und Rüheei mit Weißbrot. Leicht verdaulich und bekömmlich. Nach einstündiger Erholung ging es weiter. Auf den ersten Metern hat sich das Gesäß gemeldet und einem mitgeteilt, was man den ganzen Vormittag und Mittag schon absolviert hat. Doch der Schmerz war nicht von Dauer da sich ja nun der Magen meldete. Was auch sonst. Seitenstechen auf beiden Seiten von innen heraus. Da ging der Tunnel wieder los. Ruhig atmen Martin. Alles entspannt. Schau mal wie es in 10 Minuten bei dir aussieht? Letzt endlich hat es knapp bis Kilometer 180 gedauert, bis das Gefühl halbwegs verschwunden war. Immerhin hatte das eine Negative auch sein Gutes. Zumindest ging es meinen Beinen besser und die vorherigen Schmerzen sind nicht mehr aufgetreten und ich konnte wieder etwas mehr reintreten. Hinzu war der Wind auch zum Ende hin gnädig mit uns und hat etwas abgenommen. Berlin rein sind wir ein gutes Tempo gefahren. In der Stadt haben wir nahezu jede rote Ampel mitgenommen. Nur nicht stehenbleiben! Jetzt hieß es Gas geben. Chris war richtig heiß. Kurz vor dem Ziel hängt sich ein Mountainbikefahrer bei uns hinten rein. Dann Postdamer Platz. Einmal hinten rum und links abbiegen zum Brandenburger Tor. Ich war noch nie so froh dieses Gebäude zu sehen und in dem Moment wusste ich, wir haben es geschafft. Durch die Mitte durchzurollen konnte ich mir nicht nehmen lassen. Eingehende Zielumarmung mit Chris! Touri angequatscht für Beweisfoto. Abfahrt und auf zum Nudelessen. Chris war immernoch heiß! Mit 30iger Schnitt von der City nach Rummelsburg. Ich nur noch im Windschatten. 19:11 Uhr, 200km vollendet und wir stehen vor der Haustür von Chris seinen Eltern. Reine Fahrtzeit 8:20h. Pullerpause. Sitzen, Bier, Gespräche und Nudeln. Dann die letzten 8km zu mir nach Hause. Die letzten Meter noch einmal Gegenwind und leichter Regen, aber geschafft. Unglaubliches Gefühl von seiner Wohnungstür in Leipzig bis zu der Wohnungstür seiner Eltern mit Fahrrad gefahren zu sein. Emotionaler Moment!
Danke Chris für diese unvergessliche Tour!